3. Leipziger Autismustag 2017

Rückblick in Worten

Bin noch verhaftet in dem 3. Autismustag im Mediencampus des LunA – Leipzig 2017. Er hat mich auf eine andere Ebene getragen, möchte das Gefühl bewahren. Ein Gourmet nennt so was Geschmacksexplosion.

Von A-Z erleben wir ein Konzentrat prismatischer Schilderungen von verborgenen Lebenswelten diverser Betroffenen. Durch 2 Jahre intensive, geniale Vorarbeit von Katja und Tina ist dieser Tag perfekt!

Über 160 Gäste werden durch den OBM Burkhard Jung von Leipzig, dem Schirmherrn der Veranstaltung, sehr persönlich und zustimmend begrüßt. Hätte mir gewünscht, er wäre vor Ort geblieben, denn es gibt Aufschlußreiches über Autismus zu sehen und zu hören.

Im Entrè präsentieren sich Infostände aller erforderlichen Gruppierungen. Tiefe Gespräche und Kontakte werden ermöglicht. Ein Rückzugsraum bietet Ruhe. Der Garten der Villa IDA im Aussenbereich bietet den Gästen Luft und Raum.

Die Pausen werden immer wieder durch Getränke und lukullische Köstlichkeiten bereichert.

Zu Beginn erklingt Musik besonderer Art – „Poetenweg“ im Poetenweg!

Nun leiten uns Katja und Tina rührend durch die Vielfalt der Beiträge und Podiumsgespräche. Die „Toten Hosen“ singen uns per Video mit eingeblendeter Gebärdensprache und Gänsehautgarantie in den gespannten Raum. „TAGE WIE DIESER“, das Motto hat Tina C. für ihren Beitrag gewählt, um deutlich zu machen, daß es 74 Jahre her ist, daß Hans Asperger seine Erkenntnisse über die Art + Weise des Umgangs mit dieser genialen Störung veröffentlich hat. Doch kaum Jemanden ist es bekannt und berücksichtigt es. Also nutzen wir doch diesen Tag zum Auf-Bruch, endlich zu erkennen. Nutzen endlich die Netzwerke, um uns zu verbinden.

Nun erzählt Silke Bauerfeind über ihre Umgangsweise mit ihrer Betroffenheit. Sie hat einen jugendlichen Sohn, der nur nonverbal auf eigene Art mit ihr kommuniziert. Sie schildert aus ihrem Buch. Wir erfahren von Befragungen der Mütter, die lernen mußten, mit ihrer Erkenntnis der Diagnose und Beeinträchtigung des Anderseins ihres Kindes, umzugehen. Sie erforscht, wie ergeht es den Anderen und hält es fest, indem sie sich literarisch damit auseinandersetzt. „Ein Kind mit Autismus zu begleiten, ist auch eine Reise zu sich selbst“, ist der Titel ihres Buches.

Dann bin ich dran, mit Plan B + dem Kalkül. Es ist anders, ahne es, schildere im Galopp meinen Werdegang mit meinem Sohn, den Exzessen, dem Trauma, dem Kampf mit den Institutionen, einer Diagnose und dem Verlassensein der Möglichkeiten. Es geht mir wieder nah! Und den Gästen auch! Das habe ich nicht vermutet. Freue mich aber sehr über die große Anteilnahme + Anerkennung.

Zwischen allen Beiträgen ermöglichen die Podiumsdiskussionen Anmerkungen zu erörtern. Lebendige Zwischenfälle zeigen die besondere Wahrnehmung von Text und Wort!

Eine turbulente Mittagspause beginnt mit Köstlichkeiten und interessanten Gesprächen.

Weiter geht´s. Susanne und Immo Tzscheetzsch sind auf der Bühne. Das Paar schildert seine Partnerschaft. Die Angewiesenheit in der Partnerschaft. Susanne hat eine Diagnose, erst spät durch Zufall erkannt, durch ihren Partner, der sich nicht zufrieden gab mit der Odyssee von Diagnosen in herkömmlicher Art. Der Vortrag anfangs ernsthaft, tabellarisch, monoton, steigert sich zu einer Comedyeinlage, die Susanne liefert. Das Pult gibt ihr Halt, während sie lachend schildert, wie sie sich in einer Reha in Immo verliebt hatte und sich ihm ihre Auswahl des Partners zu einem bestellten Termin in separatem Raum mitteilte. Auch die LunA-Gäste lachen sehr!

Auch ihre gezeichneten Übersichtspläne, gleich einem Schnittmuster, um einmal ihr Studienthema darzustellen oder einen Ort zum Leben auszuwählen, sind einzigartig! Es hat geklappt – sie sind zusammen und meistern ihre Verschiedenheit grandios + mit Humor.

Auf dem Podium sitzen nun 2 Paare dieser Konstellation, Frage eröffnen sich, doch es zeigt sich, nichts ist unmöglich, alles kann – nichts muss.

Sam Becker erzählt nun über ihren tiefgreifenden Lebenslauf. Von ihrer unsichtbaren Folter, der Co-Abhängigkeit durch ihr Anderssein, weil sie nicht so sein konnte, wie ihre Familie es erwartete. Ausgegrenzt, immer am Rand der Gemeinschaft, nie akzeptiert ging sie durch Höllenqualen. Bis sie Anfang 30 ihre Diagnose erhielt, anfing sich zu begreifen, sich löste von Altem und neue Wege ging. Sie schrieb ihr Buch und nennt ihre neue Community ihre neue Familie.

Dann – Collin Pie lebt in einer betreuten Wohngruppe für junge Erwachsene. Er benötigt Hilfe und Begleitung. Tina C. schildert für ihn seine Fähigkeit und zeigt seine Fotos von spezieller Wahrnehmung der Natur, zudem schreibt er poetische Texte, die er in Bilder einfügt.

Sein Begleiter ist ein Therapiehund. Wir können erkennen, wie positiv sich ein tierischer Begleiter auswirkt.

Eine letzte Runde auf dem Podium über betreutes Wohnen, wie betreut und geschützt ist Collin, wieviel Selbständigkeit ist möglich, wie individuell ist das Leben dann noch?

Katja und Tina leiten den nahenden Abschluß ein. Der Tag muß gelobt werden. Und ein neuer ist schon angekündigt im Jahr 2019.

Poetenweg erklingt zum Ausklang!

Und die Toten Hosen erinnern uns nochmals singend, berührend, an diesen Tag! Dem Aufbruch!!!

m.m.

Rückblick in Bildern

Foto-Impressionen zum Nachschwingen der tollen Stimmung, die knapp 200 Teilnehmer erleben konnten:

Mediales Interesse im Vorfeld

Kurz vor dem großen Ereignis hat das Leipzig Fernsehen uns in unseren Räumen besucht und ein Interview mit uns aufgenommen. Es steht zum Nachschauen in der Mediathek (zum Öffnen bitte anklicken) des Senders zur Verfügung.

Tagungsprogramm

Den Flyer zur Tagung finden Sie hier (zum Öffnen bitte anklicken) als Download.

Spenden

Wir danken an dieser Stelle der Firma KB Toolzz Ost GmbH, die mit ihrer Spende unser Symposium unterstützt.

Ebenso danken wir dem Mediencampus Leipzig, der mittlerweile zum dritten Mal den Leipziger Autismustag ermöglicht hat.

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